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Pflichtverteidigung

von Rechtsanwalt van Donzel-Giesen
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Die Pflichtverteidigung ist ein zentrales Element eines Rechtsstaates und des deutschen Strafrechts und gewährleistet, dass jeder Beschuldigte das Recht auf rechtliche Vertretung hat. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Pflichtverteidigung nicht nur eine Beistandspflicht für den Beschuldigten, sondern auch eine institutionelle Garantie zur Sicherstellung eines fairen Verfahrens darstellt. Daher muss das Gericht auch von Amts wegen einen Pflichtverteidiger bestellen, wenn es für notwendig erachtet. 

Was ist Pflichtverteidigung? 

Die sog. Pflichtverteidigung wird im Gesetz als notwendige Verteidigung bezeichnet und ist eine staatlich organisierte und garantierte Form der rechtlichen Vertretung von Beschuldigten in Strafverfahren, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen. Gesetzliche Voraussetzung ist § 140 ff. StPO. 

Verfassungsrechtliche Grundlage der Pflichtverteidigung 

 Die Pflichtverteidigung ist eng mit den verfassungs- und menschenrechtlichen Grundsätzen verbunden. Sie gewährleistet: 

Die Wahrung der Menschenwürde (Artikel 1 des Grundgesetzes), 

Das Recht auf Freiheit der Person (Artikel 2 des Grundgesetzes), 

Die Unschuldsvermutung (Artikel 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention), 

Das Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes), 

Das Recht auf Verteidigung (Artikel 6 Abs. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention und § 137 der Strafprozessordnung) und 

Die Chancen- und Waffengleichheit der Verfahrensbeteiligten. 

Die Pflichtverteidigung ist folglich ein verfassungsrechtlich garantiertes Recht eines Beschuldigten. Es soll neben prozessökonomischen Gründen insbesondere das faire Verfahren erhalten werden.  

Voraussetzungen der Pflichtverteidigung 

Nach § 140 StPO liegt ein Fall der Pflichtverteidigung vor, wenn 

1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet; 

2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird; 

3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann; 

4. der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist; 

5. der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet; 

6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt; 

7. zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird; 

8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist; 

9. dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist; 

10. bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint; 

11. ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt. 

Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt aber auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. 

Das Antragsverfahren 

 Das zuständige Gericht ist verantwortlich für die Bestellung des Pflichtverteidigers. In den meisten Fällen wird das Gericht von Amts wegen einen Pflichtverteidiger bestellen, sobald die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Aber auch der Beschuldigte oder sein Verteidiger können eine Pflichtverteidigung beantragen. Wir helfen Ihnen in diesen Fällen gerne und beraten Sie im Einzelfall. 

Ist ein Pflichtverteidiger schlechter als ein Wahlverteidiger? 

 Pflichtverteidigersind ebenso professionelle Anwälte wie Wahlverteidiger. Sie sind verpflichtet, die Interessen ihrer Mandanten zu vertreten und nach bestem Wissen und Gewissen eine bestmögliche Verteidigung zu gewährleisten. Die Qualität eines (Pflicht)Verteidigers bemisst sich dabei nicht danach, ob er durch das Gericht bestellt ist.  

Darf ich den Pflichtverteidiger wechseln? 

 Durch die Bestellung begründen Mandant (Beschuldigter) und der Pflichtverteidiger ein besonderes Verhältnis. Daher ist ein Pflichtverteidigerwechsel nur in besonderen Fällen möglich. Insbesondere wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem endgültig zerstört ist oder aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Beschuldigten gewährleistet ist. Ein solcher Wechsel muss jedoch beantragt und auch begründet sein. 

Wie wird der Pflichtverteidiger vergütet? 

 Der Staat bezahlt den Pflichtverteidiger zunächst. Nach einer Verurteilung wird sich der Staat dieses Geld jedoch wiederholen, von dem Verurteilten. Im Falle eines Freispruchs übernimmt der Staat die Kosten endgültig. Die Pflichtverteidiger werden in der Regel niedriger vergütet als Wahlverteidiger, jedoch sind Pflichtverteidiger gesetzlich verpflichtet, ihre Arbeit unabhängig von der Vergütung gewissenhaft auszuführen. 

Bekomme ich einen Pflichtverteidiger, wenn ich kein Geld habe?

Nein. Finanzielle Aspekte sind hier nicht ausschlaggebend. Es sind insbesondere die oben aufgeführten Voraussetzungen zu beachten.

Kann ich neben meinem Pflichtverteidiger auch einen Wahlverteidiger haben? 

Ja. Dies ist möglich, denn ein Beschuldigter darf bis zu 3 Verteidiger mit seiner Verteidigung beauftragen (vgl. § 137 Abs. 1 StPO).  

 

 

 

 

 

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